Das wirtschaftliche Wachstum der letzten Jahre übte eine starke Wirkung auf den Bewerbermarkt aus und der Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften durfte auch die Beratungsbranche am eigenen Leib spüren. Der deutsche Beratungsmarkt war, im wahrsten Sinne des Wortes, leergefegt und so wie viele andere Branchen, verspürte auch die deutsche Managementberatungsbranche einen starken Mangel an erfahrenen Beratungskollegen, insbesondere auf mittleren Ebenen. Wenn die Rekrutierung von Universitätsabsolventen für Junior Berater Positionen über die klassischen Kanäle noch zu bewältigen war, erwies sich eine Suche nach einem Manager oder Senior Manager oft als eine herausfordernde Aufgabe.
Als Reaktion auf diese neue Realität mussten einige Beratungshäuser ihre Strategien in der Personalsuche zum Teil überdenken. In diesem Kontext entsteht die Frage, ob eventuell ein Quereinsteiger aus der Industrie hier eine lohnende Alternative sein könnte.
Im weiteren Verlauf des Artikels werden wir uns mit den Vor- und Nachteilen von Quereinsteigern in der Beratungsbranche auseinandersetzen.
Neue Sichtweisen
Das wohl offensichtlichste Argument, dass für Quereinsteiger spricht, sind die neuen Perspektiven, die ein Quereinsteiger mit sich bringt. Häufig haben Quereinsteiger eine andere Ausbildung genossen, wodurch Sie eine andere Sichtweise für viele Probleme entwickeln konnten.
Teilweise arbeiten Quereinsteiger bereits in einer In-House Position, wodurch Sie praktische Kenntnisse und Erfahrung in einem bestimmten Bereich aufbauen konnten, die Ihnen in einer Beratung zugutekommen können, denn sie verkaufen im Beratungsprojekt keine schönen Folien, sondern ihr praktisches Wissen, das sie sich über die Jahre ihrer In-House Tätigkeit aneignen konnten. Insbesondere im deutschen Mittelstand wird so eine praktische Erfahrung sehr geschätzt und erlaubt dem neuen Berater auf einer Ebene mit dem Geschäftsführer oder Inhaber des Unternehmens zu interagieren. Hier gewinnt er oft aufgrund seiner In-House Vorerfahrung volles Vertrauen der Geschäftsführung. Aus diesem Grund sind Quereinsteiger in der Beratungsbranche perfekte Spezialisten, wenn es darum geht, bestimmte Wirtschaftszweige zu beraten, in denen Sie bereits praktische Erfahrung erlangen konnten. Dies konnten mittlerweile einige Beratungshäuser erkennen und setzen sogar gezielt auf die Quereinsteiger aus der Industrie.
Fachspezifische Perspektive
Durch eine fachspezifische und frische Sichtweise, gelangen viele Quereinsteiger zu anderen Lösungsansetzen für viele wirtschaftliche Probleme der Klienten. Oft sind die Lösungsansätze weniger theoretisch und greifbarer, da ein Quereinsteiger bereits Erfahrung in der Branche sammeln durfte und weiß, welche Maßnahmen zu implementieren sind.
Dadurch können sehr praxisnahe und vermutlich auch realistische Pläne erarbeitet werden, die dem Klienten helfen werden, sein Unternehmen wirtschaftlich zu verbessern. Durch die fachspezifische Perspektive kann ein Quereinsteiger oft Probleme besser identifizieren, da er bereits im Laufe seiner vorherigen Tätigkeit mit ähnlichen Problemen zu tun hatte.
Durch die eine sehr enge fachspezifische Perspektive können allerdings auch Probleme entstehen. Es kann einem Quereinsteiger oft an einer unternehmensübergreifenden Perspektive fehlen, wenn er nur auf seinen Fachbereich fokussiert ist. Dadurch kann ein Quereinsteiger ab und zu das Große Ganze aus den Augen verlieren, wodurch die fachspezifische Perspektive auch von Nachteil sein kann.
Fehlende strategische, betriebswirtschaftliche oder leistungswirtschaftliche Expertise
Jedoch kann eine andere Denkweise auch negative Auswirkungen auf ein Kundenprojekt haben, da nicht jede fachspezifische Idee wirtschaftlich umsetzbar ist.
Natürlich haben Quereinsteiger ein besseres Verständnis für die Branche aus der Sie stammen, jedoch kann es bei solchen Kandidaten durchaus an dem tiefgehenden strategischen, betriebswirtschaftlichen oder leistungswirtschaftlichen Wissen fehlen, das in einem oder anderen Projekt von großer Relevanz sein könnte.
Aus diesem Grund kann es sein, dass die Lösungsansätze von einem Quereinsteiger wirtschaftlich nicht tragbar sind können oder, dass er einfach nicht im Stande ist, die leistungswirtschaftlichen Ansätze in die finanzwirtschaftliche Welt zu übersetzen oder umgekehrt.
In diesem Fall erwirbt die Beratungsgesellschaft einen Berater, der nicht universell einsetzbar ist, sondern deckt nur einen bestimmten Teilbereich ab, aus dem er ursprünglich kommt. Deswegen kann man so einen Berater nicht immer flexibel in anderen Projekten einsetzen, falls das Projekt in seinem bestimmten Themengebiet ausbleibt. Bei spezialisierten Beratungshäusern sollte es jedoch kein großes Problem sein, denn sie sind in der Regel hochspezialisiert und ein Quereinsteiger mit dem Spezialwissen in dem Spezialisierungsbereich des Unternehmens kann hier sehr vorteilhaft sein.
Kein Kundennetzwerk
Wenn Sie einen neuen Berater einstellen möchten, ist nicht selten das Kundennetzwerk ein wichtiges Argument für die Einstellung eines bestimmten Mitarbeiters. Durch einen Berater mit einem guten Kundennetzwerk können zusätzliche Klienten akquiriert werden, da sie dem Berater bereits vertrauen und seine gute Arbeit kennen.
Wenn Sie einen Quereinsteiger für eine Beratungsposition engagieren, wird dies allerdings nicht immer der Fall sein, da ein Quereinsteiger, der in einem Unternehmen arbeitete, nicht immer über ein ausgeprägtes Netzwerk verfügt. Letztendlich war er die ganze Zeit nur für ein Unternehmen tätig und außer eines internen Netzwerks verfügt so ein Mitarbeiter oft über wenige externe Kontakte. Wenn Sie das Ziel verfolgen, das Unternehmen zu akquirieren, in dem der Quereinsteiger seine In-House Position bekleidet, dann könnte für Sie so ein internes Unternehmensnetzwerk natürlich hochinteressant sein, wenn es tatsächlich auch die nötigen Entscheider miteinbezieht.
Es gibt zwar Ausnahmen aber Sie müssen trotzdem damit rechnen, dass ein Quereinsteiger nicht sofort neue Klienten ans Land ziehen wird. Dazu fehlt oft bei so einem Kandidaten eine gewisse Vertriebsaffinität, da er bis dato in seiner In-House Position praktisch nichts verkaufen musste. Er lieferte nur Ergebnisse seiner Arbeitstätigkeit. Aus diesem Grund sind auch die vertrieblichen Fertigkeiten bei so einem Kandidaten eher unterentwickelt. Es heißt aber nicht, dass ein Quereinsteiger aus der Industrie nicht verkaufen kann. Dies lässt sich jedoch nur nach einer gewissen Zeit in Ihrem Beratungsunternehmen feststellen, ob ein Quereinsteiger tatsächlich in der Lage ist, die Kunden und Projekte zu akquirieren.
Ein Quereinsteiger hat allerdings gute Chancen sich ein gutes Kundennetzwerk aufzubauen, wenn er erst einmal in einem Beratungsunternehmen arbeitet. Durch die fachspezifische Perspektive kann ein Quereinsteiger sich oft besser in die Probleme eines Klienten hineinversetzten und kann dadurch auf Augenhöhe über fachspezifische Themen mit dem Klienten reden.
Dadurch kann schnell eine gute Beziehung entstehen, da der Kunde realisiert, dass die fachliche Kompetenz des Beratungsunternehmens weit über die bisher wahrgenommene Beratungsfähigkeit hinausreicht. Dadurch hat der Kunde immer einen direkten Ansprechpartner, wenn es um fachspezifische Probleme geht. Auf diese Weise kann schnell ein Kundennetzwerk aufgebaut werden, da es viele Kunden gibt, die mit fachspezifischen Problemen direkt zum Quereinsteiger kommen.
Consultingkarriere vs. Linienfunktion – Eine andere Lebensweise
Wenn ein Quereinsteiger aus einer Linienfunktion in eine Consultingkarriere wechseln möchte, wird dies zwangsweise auch eine andere Lebensweise erfordern. In einer Consultingposition sind lange Tage keine Seltenheit. Wenn ein Quereinsteiger daran gewöhnt ist jeden Tag 8 Stunden zu arbeiten und pünktlich Feierabend machen zu können, kann die Realität eines Beratungsunternehmens ihn oft die Laune verderben.
Darin besteht auch ein großes Risiko für die Investition in so einen Mitarbeiter, denn die ursprüngliche Vorstellung des Mitarbeiters über die Arbeitsbedingungen in der Beratungsbranche stimmt oft nicht mit der Realität überein. Im Endeffekt kann diese Diskrepanz zur Trennung in der Probezeit und verlorenem Geld führen.
Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, einem Quereinsteiger aus der Industrie und ohne praktische Erfahrung im Consulting ein klares und realistisches Bild über die tatsächliche Tätigkeit und eine mögliche Auslastung im Beratungsgeschäft zu vermitteln.
Fazit – Quereinsteiger als Kandidatenpool für externe Managementberatung
Wie Sie bereits wissen, gibt es viele Vorteile, aber auch Nachteile, die für oder gegen einen Quereinsteiger in der Bratungsbranche sprechen. Jedoch bin ich der Meinung, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen. Nicht weil es deutlich mehr Vorteile als Nachteile gibt, sondern weil die Nachteile nur vorübergehend wirklich Nachteile sind.
Aus diesem Grund komme ich zu dem Schluss, dass die Quereinsteiger eine lohnende Alternative für Beratungshäuser sind, wenn es um die Suche nach erfahrenen Beratern geht.
Bildquelle: www.pexels.com
In der Tat, wir hatten nur gute Erfahrungen mit Quereinsteigern.